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Ich weiß schon alles übers Rauchen

...sagen Raucher ganz oft und rauchen weiter.

Ich behaupte, wer alles übers Rauchen weiß, oder wer genauer gesagt, die “Wahrheit” übers Rauchen kennt, der ist froh, wenn er die Kippen los ist. Na gut, es gehört auch dazu, dass man zusätzlich zum Wissen eine bestimmte Einstellung zur Zigarette hat und den Glimmstängel komplett entzaubert. Also alle Illusionen auflöst, die man in Bezug auf die Zigarette hat. Wer davon überzeugt ist, dass die Zigarette Freiheit, Jugend und Abenteuer bedeutet, der wird leiden, wenn er nicht mehr rauchen darf.

Warum schreibe ich, man muss die “Wahrheit” kennen? Es gibt vieles, das in unseren Köpfen übers Rauchen steckt, das nicht der Wahrheit entspricht. So sind die meisten davon überzeugt, dass es sehr schwer ist mit dem Rauchen aufzuhören, unter anderem, weil es einen schlimmen körperlichen Entzug beim Rauchen gibt. Dies entspricht aber nicht der Wahrheit. Der körperliche Entzug beim Rauchen ist nur ein “Entzügchen” und dauert im Durchschnitt ca. 12 Stunden. Der Beweis dafür ist zum einen, dass selbst starke Kettenraucher nachts durchschlafen können, ohne vom “schrecklichen” Entzug wach zu werden. Zum anderen merken Raucher, dass die Zigarette stärker wirkt, wenn man zwischendurch einmal 12 oder mehr Stunden keine geraucht hat. Die Zigarette wirkt nach dieser Zeit auf den Raucher also fast schon wieder so, wie auf einen Nichtraucher. Dass man nach Ablauf der 12 Stunden dennoch Lust auf eine Zigarette haben kann, sich vielleicht auch sehr nach einer sehnt, hängt übrigens mit der psychischen Abhängigkeit zusammen. Aber auch die ist zu managen, wenn man weiß, wie.

Eine andere weit verbreitete Unwahrheit ist, dass die Zigarette gegen Stress hilft. Das glauben die meisten Raucher, und sogar die meisten Nichtraucher sind davon überzeugt. Wenn dies jedoch so wäre, dann wären Kettenraucher die entspanntesten Menschen der Welt….

Man muss sich also das Wissen, das man über die Zigarette zu haben meint genau anschauen. Und sich dann zusätzlich fragen, welches Image die Zigarette einem zu verleihen scheint. Wie fühlt man sich, wenn man raucht? Cool? Frei? Verwegen? Der nächste Schritt ist, sich klar zu machen, dass man die Zigarette nicht braucht, um sich cool, frei oder verwegen zu fühlen. Die Zigarette ist, objektiv betrachtet, Qualm in Stäbchenform. Mehr nicht. Die Bedeutung die sie für uns hat, haben wir (bzw. die Tabakindustrie in ihrer Werbung) ihr verliehen und diese Bedeutung können wir ihr auch wieder nehmen.

Wie nimmt man der Zigarette die Bedeutung? Probieren Sie doch einmal folgendes aus: Wenn die Zigarette Ihnen vermeintlich hilft, sich cool zu fühlen, dann drehen Sie den Gedanken “Die Zigarette macht mich cool” um und machen daraus “Die Zigarette macht mich nicht cool.” Für diesen neuen Gedanken suchen Sie nun in Ihrem Leben Beweise. Zum Beispiel: Es ist nicht cool, morgens Schleim zu husten, es ist nicht cool nachts um drei panisch zur Tankstelle zu fahren, um Zigaretten zu kaufen. Es ist nicht cool, sich auf der Party an einem brennenden Stäbchen festzuhalten. Und dann überlegen Sie sich, was Ihnen helfen könnte, sich auch ohne Zigarette cool zu fühlen. Eine bestimmte Körperhaltung? Eine neue Klamotte? Es geschafft zu haben, nicht mehr zu rauchen? Besetzen Sie etwas neues mit der Bedeutung “Macht mich cool.”

Als ich selbst aufgehört habe zu rauchen, hatte ich furchtbare Angst davor, abends das erste Mal wieder auszugehen. Denn ich dachte, ohne Zigarette wäre ich nervös und wüsste an der Bar nicht wohin mit meinen Händen. Ich war sehr überrascht, als ich merkte, wie souverän ich mich ohne Zigarette plötzlich fühlte. Viel souveräner, als mit. Das war mir zunächst ein Rätsel, bis ich verstand, dass mich der ständig sinkende Nikotinpegel vorher immer wieder nervös gemacht hatte, bis ich ihn wieder auffüllte. Diese Nervosität fiel nach meinem Rauchstopp weg und gab mir das neue Gefühl von Stärke und Souveränität.

Heute bin ich jeden Tag froh, dass ich nicht mehr rauchen muss. Und alles, was die Zigarette mir einmal vermeintlich gegeben hat, habe ich immer noch und sogar stärker als vorher.

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